Veranstaltung: | Wahlprogramm-Mitgliederversammlung |
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Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 19.04.2021, 16:49 |
Antragshistorie: | Version 1 |
5. Nachhaltig und fair - Wirtschaft und Arbeit der Zukunft gestalten
Text
5. Nachhaltig und fair - Wirtschaft und Verwaltung der Zukunft
gestalten
Vom Solo-Selbstständigen über Einzelhandel und Kreativwirtschaft bis zum Handwerk und zur
Industrie – die Wirtschaft in Neukölln ist breit aufgestellt. Als Arbeitgeber*in oder
Anbieter*in von Produkten und Dienstleistungen, ist sie ein unerlässlicher Bestandteil
unseres gesellschaftlichen Lebens – und trägt damit auch eine große Verantwortung für die
Gemeinschaft. In den kommenden Jahren möchten wir die Transformation vorantreiben, hin zu
einer sozial-ökologisch zukunftsfähigen Wirtschaft, mit „guter Arbeit“und einer
Produktion, die Ressourcen und Umwelt nicht belastet.
Über Jahre wurden die Bezirke in Berlin kaputtgespart. Seit 2016 haben wir Grüne die
Kehrtwende eingeleitet und in der Landesregierung dafür gesorgt, dass die Bezirke für ihre
Aufgaben wieder besser ausgestattet werden. Endlich war es möglich, den Personalbestand
wieder zu stärken – berlinweit wurden in nur vier Jahren 20% neue Stellen in den
Bezirksverwaltungen geschaffen. Das Resultat lässt sich sehen und spüren: die
Serviceangebote für Bürger*innen konnten auf- und der Investitions- und Sanierungsstau im
Bereich öffentlicher Gebäude abgebaut werden. In den kommenden Jahren möchten wir dafür
sorgen, dass sich die Bezirksverwaltung noch diverser und klimafreundlicher und digitaler
aufstellt und über partizipative Verfahren und Angebote sicherstellt, dass
Neuköllner*innen über noch mehr an Bezirkspolitik beteiligt werden.
Schlüsselprojekte:
Kreislaufwirtschaft made in Neukölln
Wir wollen den Weg zu einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft einschlagen, die erst
gar keinen Müll produziert. Dazu wollen wir eine Zero-Waste-Strategie für Neukölln
vorantreiben und in Pilotprojekten konkrete Ansätze ausprobieren und fördern, bspw.
Re-Use-Modelle oder Mehrweglösungen für gastronomische Abhol- und Lieferdienste. Auf
dem Rollberg schaffen wir ein “Zero-Waste-Haus” als Ort für Innovationen und
Bildungsarbeit.
- Chancengerechtigkeit auf dem Arbeitsmarkt
Um Menschen in Neukölln neue Chancen in Arbeit zu geben, wollen wir Unternehmen
stärker in "Berufsqualifizierungsnetzwerke" einbinden. Dafür möchten wir das
Jobcenter Neukölln in das Landesprogramm „Berlin braucht dich“ der
Integrationsbeauftragten aufnehmen, verstärkt lokale Betriebe in den Kiezen
beteiligen und Menschen, die lange arbeitslos waren, über die Programme von Land und
Bund neue Möglichkeiten in öffentlich geförderter Beschäftigung geben.
- Beteiligung stärken - Bürger*innenhaushalt und Bürger*innenräte einführen
Wir wollen die bezirkliche Demokratie stärken und neue Instrumente der Beteiligung
einführen. Dazu wollen wir Bürger*innenräte einrichten, in denen zufällig geloste
Menschen aus dem Bezirk an Entscheidungsprozessen mitwirken können – etwa zur
Definition und konkreten Umsetzung lokaler Klimaschutzziele. Außerdem sollen die
Neuköllner*innen im Rahmen eines echten Bürger*innenhaushalts über einen
festgelegten Teil des Bezirkshaushaltes direkt entscheiden können.
5.1. Sozial-ökologische Transformation der lokalen Wirtschaft
Lokales Gewerbe sichern und nachhaltig fördern
Steigende Gewerbemieten in Neukölln führen nicht nur zu einer Abwanderung kleiner
Handwerksbetriebe und Geschäfte, sie verdrängen auch wohnortnahe Kitas und andere soziale
Einrichtungen, die oftmals die hohen Preise nicht bezahlen können. Da im Unterschied zu
Wohnungsmieten kaum belastbare Informationen über Höhe und Entwicklung der Pacht und
begleitender Vertragskonditionen vorliegen, wollen wir uns für eine Verbesserung der
verfügbaren Datenlage einsetzen.
Wir möchten in unseren Kiezen ein breites Angebot lokaler Dienstleistungen sichern und
dafür den im Wohnbereich erfolgreichen Milieuschutz auch auf Gewerbemieten ausweiten. Wir
Grüne haben eine Bundesratsinitiative zur Modernisierung des Gewerbemietrechts auf den Weg
gebracht. Und berlinweit setzen wir uns dafür ein, dass die landeseigenen
Wohnungsunternehmen kostengünstige Angebote für die Mieter*innen von Gewerberaum machen,
die wir in der Stadt für den Erhalt der sozialen Infrastruktur und für kleinteiliges
Gewerbe brauchen.
Die Wirtschaftsförderung für kleine, gemeinwohlorientierte und umweltverträgliche
Unternehmen wollen wir stärken. Dazu streben wir eine Erweiterung der bezirklichen
Wirtschaftsförderung „Unternehmen Neukölln“ um die Themen Solidarische Ökonomie und
Nachhaltigkeit an. Zur Förderung gehört die Unterstützung von Gründer*innen, insbesondere
wenn sie solidarisch, zukunftsfähig und nachhaltig wirtschaften, und die Stärkung von
Unternehmer*innen-Netzwerken im Bezirk.
Kultur- und Kreativwirtschaft gehört unverzichtbar zur lokalen Wirtschaft in Neukölln. Sie
schafft Arbeitsplätze, trägt zur Stabilisierung von Quartieren und zur
Standortprofilierung bei. Hier wollen wir bereits existierende Angebote ausbauen und
festigen.
In Zusammenarbeit mit migrantischen Unternehmensverbänden wollen wir
Weiterbildungsmaßnahmen für Kleinst-und Kleinbetriebe voranbringen und die gezielte
Förderung von Unternehmen ausbauen, die von Menschen und insbesondere Frauen mit
Migrationsgeschichte geführt werden. Informationen über vorhandene Fördermaßnahmen, aber
auch wichtige Genehmigungs-und Kontrollverfahren sollen besser bekannt gemacht werden. Auf
Landesebene wollen wir den Zugang migrantischer Betriebe zu den Kreditprogrammen der
Landesbank IBB erleichtern – durch mehr Austausch und Information, aber auch durch
anonymisierte Antragsverfahren.
Solidarische Ökonomie und Kreislaufwirtschaft stärken
Wir wollen einen sozial-ökologischen Umbau der Wirtschaft. Dazu gehören für uns Formen der
solidarischen Ökonomie wie selbstverwaltete Betriebe, Genossenschaften, und Open-Source-
Initiativen. Sie stehen für eine Art des Wirtschaftens, die langfristige und faire
Arbeitsverhältnisse schafft, regionale Wirtschaftskreisläufe stärkt und das Gemeinwesen,
nicht den Profit, in den Vordergrund stellt. Wir wollen zugeschnittene Beratungsangebote
schaffen und ausbauen und uns dafür einsetzen, dass Gründer*innen aus diesem Sektor einen
gleichberechtigten Zugang zu Fördermaßnahmen erhalten. Auf Landesebene wollen wir uns
weiterhin dafür einsetzen, dass europäische Fördergelder besser abgerufen werden, um damit
die die Wirtschaftsförderung in Neukölln weiter auszubauen.
Die Idee der Kreislaufwirtschaft möchten wir in allen Bereichen der Wirtschaft stärken.
Wir begrüßen private Initiativen wie das „Circular Economy House“ (CRCLR) auf dem
Rollberg-Areal und freuen uns, dass "Yesil Cember" mit seiner Umweltbildung und den
gemeinnützigen Re-Use-Projekten im Rollgergviertel aktiv ist. Wir setzen uns darüber
hinaus für die Einrichtung eines gemeinnützigen Re-Use- und Zero-Waste-Hauses in direkter
Nachbarschaft ein. Wir wollen einen Ort schaffen, an dem gebrauchte Waren neue
Besitzer*innen finden, an dem unverpackt eingekauft werden kann und der Raum für
Innovation und Bildungsarbeit im Bereich Nachhaltigkeit, Abfallvermeidung und Upcycling
bietet. Initiativen und Start-Ups sollen hier bezahlbare Räume finden.
Wir GRÜNE werden uns für die Entwicklung einer Zero-Waste-Strategie für Neukölln
einsetzen. Auf Landesebene haben wir hier schon viel erreicht, indem wir etwa die
Müllvermeidung ins Zentrum der Berliner Abfallstrategie 2020-30 gestellt oder Konzepte für
die Vermeidung von Lebensmittelverschwendung in die Berliner Ernährungsstrategie
aufgenommen haben. Das kritische Hinterfragen der Abfallproduktion führt nicht nur zur
Abnahme der Vermüllung des öffentlichen Raums, sondern auch zu einer wirtschaftlich
sinnvollen, effizienten Ressourcennutzung. Mehrweglösungen möchten wir in Neukölln mit
einem Pilotprojekt für gastronomische Abhol- und Lieferdienste fördern.
Organisierte Kriminalität, Wirtschaftskriminalität und Geldwäsche bekämpfen
Der Cum-Ex-Skandal hat Steuerzahler*innen Milliarden gekostet, Wirecard zeigt, wie
Behörden und große Wirtschaftsprüfungsgesellschaften die Augen vor Wirtschaftskriminalität
verschließen. Vermögen aus Raub, ausbeuterischer Prostitution, Erpressung, Korruption oder
illegalem Immobilienhandel finden im „Geldwäsche-Paradies“ Deutschland weitestgehend
ungehindert den Weg in den Wirtschaftskreislauf. Auch viele Menschen in Neukölln leiden
unter diesen Machenschaften.
Organisierte Kriminalität ist ein gravierendes Problem, gegen das wir Grüne auf allen
Ebenen systematisch vorgehen. Im Bundestag setzen wir uns gegen starken Lobby-Widerstand
für Transparenz im Immobiliensektor ein. In Berlin wurde unter dem GRÜNEN Justizsenator
Dirk Behrendt bei der Staatsanwaltschaft eine neue Abteilung für Vermögensabschöpfung
sowie beim Berliner Landgericht eine Taskforce zur Bekämpfung von Geldwäsche eingerichtet.
Beides mit Erfolg: In mehreren tausend Fällen wurden Vermögen eingezogen und Notare werden
nun überprüft, um sicherzustellen, dass sie ihrer Verpflichtung nachkommen, Verdachtsfälle
von Geldwäsche zu melden. Schon die bisherigen Fälle zeigen die Wirksamkeit dieses
Ansatzes. Diesen effizienten Weg werden wir von Neukölln aus weiter unterstützen. Placebo-
und PR-Maßnahmen, die ganze Straßenzüge und Bevölkerungsgruppen rassistisch stigmatisieren
oder Shisha-Bars pauschal als Ort der Kriminalität verunglimpfen, lehnen wir entschieden
ab.
5.2. Gute Arbeit für Neukölln - Menschen Perspektiven geben
Ausbau der Unterstützungsangebote bei der Arbeitssuche
Viele Menschen sind bei der Suche nach Arbeit und der beruflichen (Weiter-)Qualifizierung
auf Hilfe angewiesen. Wir wollen die Neuköllner*innen in einem solch wichtigen
Lebensbereich unterstützen und die Angebote des Jobcenters stärker an ihren Bedürfnissen
orientieren. Dazu gehört auch, dass das Jobcenter der Vielfalt Neuköllns Rechnung trägt
und Leistungen und Angebote entsprechend anbieten kann.
Wir fordern den Ausbau der Mehrsprachigkeit in der Beratung, insbesondere auch durch die
vermehrte Einstellung von Fachkräften mit Migrationsgeschichte. Wo das nicht in
ausreichendem Maße möglich ist, wollen wir die Zusammenarbeit von Jobcenter und Behörden
mit Sprachmittler*innen und migrantischen Selbstorganisationen weiter stärken.
Insbesondere Geflüchtete ohne Deutschkenntnisse erleben oft einen erschwerten Zugang zum
Arbeitsmarkt. Mit der Stabsstelle „Dialog und Zukunft“ konnten bei der Integration
Geflüchteter in den Arbeitsmarkt Erfolge erzielt werden.
Für mehr Chancengerechtigkeit auf dem Arbeitsmarkt für Jugendliche, People of Color,
Frauen sowie Menschen mit Migrationsgeschichte oder Behinderungen wollen wir Neuköllner
Unternehmen stärker in die Verantwortung nehmen, etwa durch deren aktive Eingliederung in
Berufsqualifizierungsnetzwerke. Dafür möchten wir das Jobcenter Neukölln in das
Landesprogramm „Berlin braucht dich“ der Integrationsbeauftragten aufnehmen. Außerdem
wollen wir die Angebote des Netzwerk BQN e.V. verstärkt an lokale Betriebe in den Kiezen
vermitteln. Arbeitssuchende erhalten so passgenaue Unterstützung und tragen dazu bei, dass
die diverse Gesellschaft ein Erfolgsfaktor für Neuköllns Wirtschaft wird.
Weniger Bürokratie, bessere Beratung
Zudem wollen wir die in Teilen überbordende und kleinteilige Jobcenter-Bürokratie abbauen
und den damit einhergehenden entwürdigenden Umgang mit Menschen in Not beenden. Während
der Pandemie hat sich gezeigt, dass Veränderungen möglich sind. Auf Vorladungen wurde
verzichtet und stattdessen stärker auf Angebote und freiwilligen Kontakt gesetzt. Dies
wollen wir soweit möglich beibehalten. Auf Sanktionen wollen wir soweit rechtlich möglich
verzichten, damit die beratenden und unterstützenden Angebote des Jobcenters im
Vordergrund stehen undihre volle Wirkung entfalten können. So entlasten wir
Mitarbeiter*innen im Jobcenter und schaffen neue Kapazitäten für eine bessere Beratung der
Arbeitssuchenden. Möglichkeiten für digitale Antragstellungsowie das Ein- und Nachreichen
von Unterlagen sollen weiter ausgebaut werden. Digitale Dienste können auch eine
Terminvergabe in Übereinstimmung mit den Bedürfnissen der Kund*innen unterstützen, so dass
Sanktionen wegen Terminversäumnissen zur Ausnahme werden. Nicht immer lassen sich
Konflikte vermeiden. Sie lassen sich aber durch Mediation und Empathie lösen. Wir setzen
uns daher für die Einrichtung einer Schlichtungsstelle im Jobcenter ein.
Perspektiven für Langzeitarbeitslose schaffen
Langzeitarbeitslosigkeit bedeutet für viele Menschen und ihre Familien
Perspektivlosigkeit. Oftmals ist dieser Zustand keineswegs selbstverschuldet oder gewollt.
Stattdessen ist Langzeitarbeitslosigkeit häufig die Folge von Erkrankungen, , fehlender
sozialer Auffangsysteme , das Resultat rassistischer, sexistischer und queerfeindlicher
Einstellungen oder Ergebnis von Ausgrenzung von Menschen mit Behinderung. Wir GRÜNE
arbeiten daran, diese strukturellen Barrieren abzubauen, auch wenn das natürlich ein
langfristiges Ziel ist. Den jetzt betroffenen Menschen wollen wir den Wiedereinstieg in
den Beruf durch einen öffentlich geförderten Beschäftigungssektor in Neukölln ermöglichen
und erleichtern. Im Rahmen unserer Ziele zur Bekämpfung von Kinderarmut wollen wir
besonders auf betroffene Familien zugehen. Dabei können Integrationsfachkräfte, wie sie
etwa in Berlin-Mitte im Einsatz sind, einen wichtigen Beitrag leisten. Sie nehmen die
Situation der gesamten Familie in den Blick, bauen Vertrauen auf und helfen, die jeweils
passenden Angebote für alle Familienmitglieder zu erkennen und koordiniert einzusetzen. So
können Eltern entlastet, Kinder unterstützt und der Teufelskreis der Armut durchbrochen
werden.
Das Jobcenter braucht zudem mehr Fachkräfte, die besser im psychosozialen Bereich und im
Betreuungsbereich ausgebildet sind. Wir fordern eine psychosoziale Beratung mit klinisch
ausgebildetem Personal direkt im Jobcenter, bei der sich Arbeitslose und Vermittler
gleichermaßen beraten lassen können. Das hilft nicht nur den Betroffenen, sondern
entlastet insbesondere auch die Beschäftigten im Jobcenter.
5.3. Bezirksamt der Zukunft – digital, grün und divers
Der Bezirk als attraktiver Arbeitgeber
Eine moderne Verwaltung braucht ausreichend qualifiziertes und motiviertes Personal. Hier
haben wir in den letzten Jahren schon viel erreicht. Bewerbungsprozesse wurden
zentralisiert und digitalisiert, wodurch sich Stellenbesetzungsverfahren deutlich
beschleunigten. Bei planbaren (z.B. altersbedingten) Nachbesetzungen gab es nunmehr auch
eine vorausschauende Personalplanung, die zeitweise Doppelbesetzungen und damit den
notwendigen Wissenstransfer ermöglichte. Auszubildende wiederum werden im Regelfall nach
erfolgreichem Abschluss übernommen. Wir möchten den Bezirk Neukölln als Arbeitgeber
zukünftig noch attraktiver machen. Daher setzen wir uns dafür ein, dass für
Mitarbeiter*innen der Bezirksverwaltungen bei der Stellenbewertung die gleichen Maßstäbe
wie für Mitarbeiter*innen der Senatsverwaltungen angewendet und somit eine gleiche
Bezahlung gewährleistet wird.
Wir wünschen uns eine Belegschaft, die die Vielfalt Neuköllns auf allen Ebenen abbildet.
Bei der Rekrutierung von neuen Mitarbeiter*innen sollen bislang unterrepräsentierte
Gruppen besonders angesprochen werden. Wir setzen wir uns für die Umsetzung des neuen
Partizipations- und Migrationsgesetz (PartMigG) ein.In enger Zusammenarbeit mit der für
Antidiskriminierung zuständigen Senatsverwaltung soll das Diversity-Landesprogramm
umgesetzt und eine diversitätsorientierte Personalentwicklung vorangetrieben werden. Zudem
sollen Maßnahmen entwickelt werden, um die Durchlässigkeit von für Frauen, Menschen mit
Migrationsgeschichte sowie inter-, trans- und nicht binäre Mitarbeiter*innen zur
Leitungsebene zu erhöhen. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf möchten wir verbessern.
Gerade auf Leitungsebene besteht hier noch Handlungsbedarf. Wir setzen uns daher auf
Landesebene dafür ein, dass die Voraussetzungen für Teilzeitstellen und Doppelbesetzungen
in Leitungsfunktionen geschaffen werden.
Barrierefreie und diversitätssensible Verwaltung
Wir wollen die Verwaltung zugänglicher machen. Das fängt bei der Sprache an. Statt
Behördenkauderwelsch setzen wir uns für Kommunikation in leichter Sprache ein. Hiermit
haben wir in dieser Wahlperiode bereits begonnen und Informationsmaterial wie auch
Mieter*innenschreiben im Milieuschutz dementsprechend aufbereitet. Informationsbroschüren
und persönliche Beratung sollen neben Deutsch auch in den Sprachen angeboten werden, die
in Neukölln am häufigsten gesprochen werden. Wir möchten, dass in öffentlichen Texten alle
Geschlechter sichtbar und im Verwaltungshandeln gleichbehandelt werden. Wir setzen uns
daher auch für die konsequente Umsetzung des von uns GRÜNEN erstrittenen
Landesantidiskriminierungsgesetztes auf Bezirksebene ein. Dazu gehört unter anderem, dass
für alle Mitarbeiter*innen diversitätssensible und diskriminierungskritische Fortbildungen
angeboten werden, die für Mitarbeiter*innen in Leitungsfunktionen verpflichtend sind.
Moderner und ökologischer Aus- und Umbau der Verwaltung
Nach der bitteren Zeit der Sparpolitik haben wir in den letzten Jahren wieder viel Boden
gut machen können und dringend benötigtes Personal in der Verwaltung einstellen können.
Diesen Weg möchten wir wo nötig und möglich weitergehen. Zusätzliches Personal braucht
aber auch Platz. In den letzten Jahren konnte dieser Bedarf durch die Anmietung
verschiedener Büroflächen gedeckt werden. Auf Dauer sind Büromieten aber deutlich teurer
als eigene Gebäude. Daher möchten wir neue Immobilien für die Unterbringung der wachsenden
Bezirksverwaltung akquirieren oder an geeigneten Standorten neu bauen. Beim Land setzen
wir uns für die Bereitstellung geeigneter Liegenschaften ein. Durch die Sanierung der
Bestandsgebäude stellen wir zudem bessere Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten her und
bringen den Klimaschutz voran. So wollen wir die Gebäude energetisch sanieren und bis 2025
alle alle bezirkliche Liegenschaften, auf denen das nach aktuellem technischen Stand
möglich und sinnvoll ist, mit Solaranlagen ausstatten.
Der Fuhrpark des Bezirks soll klimafreundlich umgebaut werden. Neben emissionsfreien
Kraftfahrzeugensollen den Mitarbeitenden Dienstfahrräder sowie Dienst-E-Lastenräder zur
Verfügung gestellt werden. Wir wollen das Bezirksamt zu einem fahrradfreundlichen
Arbeitgeber entwickeln, die die aktive Mobilität seiner Mitarbeitenden finanziell und
ideell fördert. Dazu gehören ausreichende, sichere und trockene Abstellmöglichkeiten für
Fahrräder von Mitarbeitenden und Umkleideräume in den bezirklichen Liegenschaften.
Digitalisierung für Alle
Die digitalen Serviceangebote möchten wir weiter ausbauen. Um den Zugang zu Internet und
Endgeräten für Alle zu ermöglichen, setzen wir uns für den Ausbau der öffentlich
zugänglichen digitalen Infrastruktur ein. Kostenlose WLAN-Netze und digitale Arbeitsplätze
sollen in Bibliotheken, Schulen, Jugendzentren ebenso wie in Freizeitstätten für
Senior*innen und Kiezbüros entstehen. Bibliotheken sollen zudem vermehrt E-Reader und
Tablets zur Ausleihe anschaffen und das bereits bestehende sehr gute vorhandene Angebot
breiter und zielgruppengerecht bewerben.
Wir wollen, dass alle Menschen eigenständig und sicher digitale Geräte verwenden können,
Berührungsängste abbauen und Grundlagen für einen sensiblen und mündigen Umgang mit
Internet-Angeboten vermitteln. Dafür bauen wir Fortbildungsangebote z.B. der
Volkshochschulen aus – speziell auch für Senior*innen. Zudem wollen wir die Chancen
digitaler Plattformen für eine solidarische Nachbarschaft jenseits kommerzieller
Verwertungslogiken nutzen und uns dem – im Nachbarbezirk Treptow-Köpenick schon
erfolgreich eingesetzten – Netzwerk „Soziale Nachbarschaft und Technik“ (SoNaTe)
anschließen.
Mehr Transparenz und Beteiligung für alle Neuköllner*innen schaffen
Wir wollen die Beteiligungsmöglichkeiten im Bezirk weiter ausbauen. Im Rahmen der Berliner
Leitlinien zur Beteiligung von Bürger*innen an der räumlichen Stadtentwicklung konnten vor
kurzem zwei langjährige GRÜNE Forderungen umgesetzt werden: die Veröffentlichung einer
Bauvorhabenliste und die Einrichtung einer Anlaufstelle für Bürger*innenbeteiligung.
Künftig soll die Verwaltung zentral und aktuell über alle im Bezirk stattfindende
Beteiligungsprozesse informieren und neben den analogen auch die digitalen
Beteiligungsmöglichkeiten für alle Neuköllner*innen ausbauen. Für die einzelnen Projekte
wollen wir verbindliche Beteiligungskonzepte entwickeln.
Auch bei privaten Bauvorhaben werden wir uns weiterhin für eine umfassende
Bürger*innenbeteiligung einsetzen. Dabei wollen wir die formalen Beteiligungsverfahren im
Rahmen von Bebauungsplanverfahren stärker bewerben und bei Investor*innen darauf
hinwirken, dass Verfahren entsprechend der Leitlinien zur Beteiligung organisiert werden.
Darüber hinaus wollen wir alle genehmigungspflichtigen Bauanträge für den Bezirk – auch
solche ohne vorgeschriebene Beteiligungsverfahren – zeitnah über die Open-Data-Plattform
des Landes Berlin zugänglich machen.
Partizipation soll sich aber nicht auf Bauvorhaben beschränken. Das mit grüner
Unterstützung etablierte Beteiligungsbüro soll helfen, auch Beteiligung in anderen
Bereichen intensiver und besser zu gestalten. Als neues Instrument der Beteiligung wollen
wir Bürger*innenräte einrichten, in denen sich zufällig geloste Menschen aus dem Bezirk an
Entscheidungsprozessen – etwa zur Definition und konkreten Umsetzung lokaler
Klimaschutzziele – mitwirken können.
Die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen wollen wir besonders stärken und sie auch
explizit als Akteur*innen in Beteiligungsverfahren der Stadtentwicklung einbeziehen.
Gemeinsam mit jungen Neuköllner*innen wollen wir neue Formate und Ansätze entwickeln, die
in einer kinder- und jugendgerechten Form Beteiligung ermöglichen. Hierbei soll auch
verstärkt auf digital gestützte Formate geachtet werden. Wir unterstützen dabei die
Einrichtung eines Kinder- und Jugendparlaments mit Anhörungsrecht bei der
Bezirksverordnetenversammlung und verlässlicher logistischer Unterstützung durch die
Einrichtung einer zuständigen Personalstelle im Bezirk. Auf Landesebene werden wir uns
weiter dafür einsetzen, dass das Wahlalter bei kommunalen Wahlen auf 14 Jahre gesenkt
sowie das Wahlrecht auf Nicht-EU-Bürger*innen ausgeweitet wird. Damit erhöhen wir die
politische Mitbestimmung in unserem Bezirk.
5.4. Fundament sichern und klug investieren
Bezirkliche Investitionen für Bildung und Verkehrswende sicherstellen
In der kommenden Legislaturperiode werden die Folgen der Pandemie aufgrund geringerer
Steuereinnahmen in den öffentlichen Haushalten spürbar sein. Trotz geringerer Spielräume
ist es zentral, den begonnenen Weg fortzusetzen und die Bezirke fit für die
Herausforderungen einer wachsenden Stadt zu machen. Wir werden uns gegenüber dem Senat und
dem Abgeordnetenhaus für eine finanzielle Ausstattung der Bezirke stark machen, die auch
weiterhin Spielraum für eine politische Schwerpunktsetzung auf kommunaler Ebene
ermöglicht. Bei der Investitionsplanung wollen wir weiterhin Bildungseinrichtungen und
Maßnahmen der Verkehrswende priorisieren. Die zukünftig in Neukölln erzielten Einnahmen
aus der Parkraumbewirtschaftung möchten wir für Investitionen und Maßnahmen zur
Verbesserung der lokalen Fahrrad- und Fußweginfrastruktur, der Verkehrssicherheit und der
Verkehrsberuhigung in Wohngebieten einsetzen. Nachdem in den Jahren des rot-roten Senats
viele zentrale kommunale Dienstleitungen an Privatunternehmer outgesourct wurden, zeigen
sich zunehmend die negativen Folgen dieser Politik. In der letzten Wahlperiode konnten wir
neue Outsourcing-Projekte erfolgreich verhindern. In den nächsten Jahren wollen wir die
begonnene Stärkung im Grünflächenamt fortführen, die Rekommunalisierung der Schulreinigung
umsetzen und für weitere bezirkliche Dienstleistungen prüfen.
Gemeinsam nachhaltig haushalten
Wir wollen, dass sich die Politik stärker am Gemeinwohl als an finanziellen Kennzahlen
orientiert. Bei der Berechnung der Zuweisungen an die Bezirke sollen soziale und
ökologische Faktoren künftig stärker berücksichtigt werden als in der bisherigen
Fokussierung auf den günstigsten Preis. So schaffen wir für Anreize zur Verbesserung
bezirklicher Dienstleistungen für alle Neuköllner*innen. Dafür werden wir uns auf
Landesebene ebenso einsetzen wie für eine – in einem Bezirkefinanzierungsgesetz verankerte
- insgesamt größere haushaltspolitische Eigenständigkeit der Berliner Bezirke.
Die Beteiligungsmöglichkeiten an der Haushaltsplanung möchten wir ausbauen. Im Rahmen
eines echten Bürger*innenhaushalts sollen Neuköllner*innen über einen festgelegten Teil
des Haushalts direkt entscheiden können. Die geplanten Projekte im Rahmen der
Investitionsplanung sollen zusammen mit den Vorschlägen von Bürger*innen bei
Bürger*innenversammlungen vorgestellt und diskutiert werden. Das Votum der Versammlungen
soll in der abschließenden Beschlussfassung über die bezirkliche Investitionsplanung
Berücksichtigung finden. Um eine faire Verteilung der Gelder sicherzustellen, wollen wir
das Gender-Budgeting weiterentwickeln und Verwaltungsmitarbeiter*innen dazu verstärkt
fortbilden.
Neukölln soll zudem endlich Fair Trade Town werden. Bei der Beschaffung von Waren und
Dienstleistungen durch den Bezirk muss fairer Handel eine zentrale Rolle spielen. Die
ersten Weichen dafür haben wir schon gestellt, in der nächsten Wahlperiode möchten wir den
Titel dann auch tatsächlich nach Neukölln holen. Das Berliner Vergabegesetz, das wir GRÜNE
auf den Weg gebracht und damit erstmals soziale und ökologische Vergabekriterien
eingeführt haben, wollen wir zudem aktiv auf der Bezirksebene umsetzen.
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